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 Ole-Hendrik Albers


 

Master of Education

- Urkunde 2023 - 

(Lehramt an Haupt- & Realschulen)


Neue Rubrik

B.A. & M.Ed.

Studentenjobs

2016 -2023


 

Projektband - Ästhetische Operationen

Amelioration

 

Lehramt an Haupt- und Realschulen (M.Ed.)

Unterrichtsfach Kunst

- Leuphana Universität Lüneburg -
 


BA-Abschlussarbeit

- Unterrichtsfach Kunst -

 

Visualisierung der Kommunikation

innerhalb der Lehr-Lernsituation

     17/08/2019

TAKE A SEED (2022)

TAKE A  SEED

- Ästhetische Operation -

- TAS / Die Entstehung

     Ästhetische Operationen der Amelioration bis zum Werk TAS (2022)

I. Vorwort zum Projektband

Zu Beginn des eigentlichen Projektbandes und dem Antritt des Langzeitpraktikums GHR 300 stand für einen selbst frühzeitig fest, dass das eigene Projektband innerhalb des Faches Kunst geplant, ausgeführt und dokumentiert werden sollte. Gerade im Bezug zu einem selbst aufzustellenden Kunstprojekt war und ist es sinnvoll ausreichend Zeit zu haben und somit umfassende Möglichkeiten in Betracht ziehen zu können. Da sich der eigenen Meinung nach nicht nur das Kunstprojekt, sondern auch die eigene Person mit jeder angehenden Arbeit verändert und sich Ansichten, wie Einstellungen ändern, sind die zu beobachtenden Effekte an Mensch und Material viel umfangreicher und interessanter, sobald man ihnen mehr Zeit zuspricht.

 

So war ein anfänglicher Wunsch gegeben, dass die auszuführenden Arbeiten etwas erzeugen werden und etwas aus ihnen hervorgehen wird, das Bestand haben wird. Zumindest, dass die Arbeiten und ihre Ergebnisse nicht mit der Beendigung des Langzeitpraktikums persönlich untergehen und abgelegt werden. Es sollten zumindest an manchen Stellen, bei Mensch und Material, Spuren oder besser gesagt Fragmente vorzufinden sein, welche darauf verweisen können, dass ein solches Projektband im Fach Kunst stattgefunden hat. Die Möglichkeit sich drei Semester intensiv einem Thema zu widmen machte dabei einen großen Reiz aus, da man nicht vorausschauen konnte und teils noch kann, was das Endergebnis sein wird und wie dieses aussehen wird.

 

Durch die umfangreiche Betreuung der Universitätsdozenten und dem was innerhalb, wie außerhalb des Universitäts- und Schulkontextes geschehen ist, entstand aufgrund eines einzigen Begriffes umfangreiche Maßnahmen, Planungen, Ausführungen, sowie Dokumentationen. Man hatte durch das Bachelorstudium im Lehramt und den schulpraktischen Studien I. und II. vielleicht eine gewisse Vorahnung wohin die Reise gehen könnte, doch wurde vieles dem Zufall überlassen. Zumindest hätte man nicht erahnen können, dass aus dem Projektband die Arbeiten und Zwischenergebnisse hervorgehen werden, wie sie jetzt nachweislich an Mensch und Material bestehen.

 

Im weiteren Verlauf dieser schriftlichen Ausarbeitung und der damit festgehaltenen Reflexion des eigenen Projektes soll herausgestellt werden, welche expliziten Veränderungen durch das noch bestehende Projekt stattgefunden haben und welche fachdidaktischen Ansätze dafür zur Hilfe genommen wurden. Zudem soll eine didaktisch-methodische Erläuterung aufzeigen, wie die Arbeiten ausgeführt wurden. Alles in der Bemühung innerhalb dieser kurzen schriftlichen Ausarbeitung mittlerweile Inhalte aus zwei Semestern zu erfassen und zu erläutern.

Abbildung 1. Bildmaterial aus eigener Anfertigung

II. Die ästhetische Operation der Amelioration - Verbesserung

 

Zum thematischen Einstieg einer eigenen ästhetischen Operation und dem Ziel ein eigenes Kunstprojekt auf die Beine stellen zu können, welches im besten Falle mithilfe der SuS des Langzeitpraktikums ausgeführt und umgesetzt werden könnte, wurde ein zufälliger Begriff aus einem alten Lexikon, als ein erster stummer Impuls, ausgeteilt. Im Falle dieses Projektes und der hier erörterten Ausführungen, stand am Anfang der Begriff der Amelioration. Da aufgrund der pandemischen Lage und des Online-Semesters, die Begrifflichkeiten postalisch zugeteilt wurden, konnte man sich im Vorwege überhaupt keinen Reim darauf machen, was einen erwarten wird. So war der Moment der Entgegennahme des Begriffes „Amelioration“ ein selbst zu vernehmendes Widerfahrnis.

 

Andrea Sabisch spricht dabei auch von dem Pathos, einem Moment, in welchen man in erster Linie keine direkte Antwort auf das Begegnete parat hat und somit eine eigene Bruchlinie, zwischen dem, was einem gegenüber steht und dem, was man kennt identifiziert. 1 Diese von Sabisch bezeichnete Diastase wurde nicht zuletzt dadurch verstärkt, dass man selbst den Begriff zuvor nie wahrgenommen oder ihn in der heutigen Umgangssprache gehört hatte. So blieb innerhalb dieses Momentes eine abschließende Antwort aus und es musste somit an einem nach Sabisch beschriebenen „Response“ gearbeitet werden. 2

 

Durch die Begriffsentnahme aus einem Lexikon, war zumindest eine Beschreibung der Wortbedeutung gegeben, sodass die Arbeit an einem selbst erstellten Response aufgenommen werden konnten. So wurde der Weg durch die Begriffserläuterung entfaltet und die Kreativität konnte ihren Lauf nehmen.

1 Vgl. Sabisch, Andrea, Aufzeichnung und ästhetische Erfahrung, In: Pazzini, Karl-Josef (Hrsg.) Kunstpädagogische Positionen 20, Hamburg, Hamburg University Press, 2009, Seite 9-10

2 Vgl. ebd. Seite 12-14

Abbildung 2. Bildmaterial aus eigener Anfertigung

Der Abbildung ist die besagte Beschreibung zu entnehmen, dass die Amelioration in diesem Falle die Verbesserung des Bodens bedeutete, um bessere Ernten zu erzielen. Es lief unmittelbar ein Film im Kopf ab, was alles mit den SuS angestellt werden könnte. Dabei wurde man nicht zuletzt durch die vorherige eigene berufliche Prägung und dem auf der Seite befindlichen Schmiedeamboss, gleich zu praktisch veranlagten Arbeiten „manipuliert“.

 

Es ging in erster Linie also darum eine eigene Antwort mit dem eigenen Bekannten für das einem selbst Unbekannten zu bestimmen und erste Ideen festzuhalten. Dabei war einem schon vor dem Antritt an das Projektband bewusst, dass der Lehrerberuf und somit auch das Lehramtsstudium als eine ständige persönliche Lernaufgabe verstanden werden muss und sich die eigenen Kompetenzen und Kenntnisse immer weiter entwickeln sollten. 3

 

Daher hatte man versucht, nicht gleich in erster Linie etwas kunsthandwerkliches angehen zu wollen, sondern sich gegebenenfalls einem metakonstruktiven Projekt zu stellen, welches den Begriff der Amelioration umfasst. Doch muss schon innerhalb dieses Entwicklungsschrittes des eigenen Projektes festgestellt werden, dass die eigene Veranlagung, ganz praktisch und unmittelbar am „Material“ arbeiten zu wollen, überwog. Ganz unverbindlich und aus dem Interesse heraus, was man umsetzten könnte, wurde sich in erster Linie auf die Onlinerecherche konzentriert. Diese sollte bei der Einordnung und beim „Übersetzten“ des Begriffes in heutige Lebenssituationen und Gegebenheiten helfen, um nicht zuletzt eine eigene Relevanz des Begriffes und später vielleicht sogar für die eigenen SuS herausarbeiten zu können. 4

 

Eine Relevanz für das Wort als solches, aber auch für seine Bedeutung. Damit es nämlich laut Sabisch zu einem ästhetischen Selbstbildungsprozess kommen kann, muss die Umwandlung von dem Element, von dem wir getroffen werden, in etwas, auf das wir antworten können, eine persönliche Relevanz beinhalten. 5

3 Vgl. KMK [Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland] (2004): Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 16.12.2004, Seite 13, URL:https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffen tlichungen beschluesse/2004/2004_12_16- Standards-Lehrerbildung-Bildungswissenschaften.pdf, zuletzt aufgerufen am 14.09.2021

 

4 Vgl. Sabisch, Andrea, Aufzeichnung und ästhetische Erfahrung, In: Pazzini, Karl-Josef (Hrsg.) Kunstpädagogische Positionen 20, Hamburg, Hamburg University Press, 2009, Seite 14-15

 

5 Vgl. ebd.

Abbildung 3. Herbstfurche, Pferdegespann, In: Bundesarchiv.de, URL:https://www.bild.bundesarchiv. de/dba/de/search/yearfrom=&yearto=&quer y=Herbstfurche%2C+Pferdegespann, zuletzt aufgerufen am 03.10.2021

Abbildung 4. Postkarte Mazagan Marokko, Bauer mit Pflug, In: Akpool.de, URL: https://www.akpool.de/ansichtskarten/27118330-ansichtskarte-postkartemazagan-marokko-bauer-mit-pflug-ochse-u-pferd-kinder#, zuletzt aufgerufen am 03.10.2021

So sind den hier abgebildeten historischen Fotografien Vorergebnisse der Onlinerecherche zu entnehmen, welche eine Relevanz für jeden Betroffenen und Getroffenen zulassen können. Denn geht es auf diesen historischen Abbildungen der „Amelioration“ um die tatsächlich ganz praktische Aufbesserung des Bodens für höheren Ernteertrag, ist doch ein jeder von diesen banalen landwirtschaftlichen Vorgehensweisen betroffen.

 

Zum einen können die SuS den Begriff der Amelioration in ihre eigene Lebenswelt durch entsprechende Abbildungen besser identifizieren. Zum anderen wird der mechanische Prozess und die Notwendigkeit des menschlichen Handelns in und an der Natur dadurch verdeutlicht. Zudem bestand damals wie heute die Notwendigkeit einer „Verbesserung“ von dem vom Menschen genutzten Landflächen, zur Grundversorgung der Bevölkerung und somit auch für die eigene Person.

 

Ist die Amelioration im landwirtschaftlichen Sinne für viele in den heutigen Industriestaat lebenden Menschen eher nebensächlich geworden, so sind doch globale Themen wie Welthunger, Hungersnöte und daraus entstehende Krisen in der eigenen und in der Lebenswelt der SuS vorzufinden. Wie von der UNICEF aufgezählt, sind trotz modernster Techniken und einer stabilen Globalisierung noch eine Vielzahl von Staaten von akuten Hungersnöten betroffen und stellen somit ein globales Problem und eine aktuelle Relevanz auch für die SuS dar. 6

 

Diese großen und schwer zu erfassenden Themen, wie das des Welthungers, haben einen aber schnell neue Wege suchen lassen, den Begriff der Amelioration in ein eigenes Kunstprojekt umwandeln zu können. So stieg das eigene Interesse viel mehr daran, was eigentlich innerhalb dieser Verbesserung geschieht und wer der eigentliche Akteur dieses Prozesses ist. Ist es der Mensch der die Natur „verbessert“ oder ist es die Natur, welche den Menschen erst die Gelegenheit bietet etwas „verbessern“ zu können? Das Hauptaugenmerk konzentrierte sich jetzt auf das menschliche Handeln, die Umwelt und ihre natürlichen Gegebenheiten, für sich selbst zu „verbessern“. Durch diesen Prozess hat der Mensch direkten Einfluss auf sein Umfeld genommen und die Natur verändert. Dabei immer dem Hintergrund folgend, einen höheren Ertrag aus seiner Arbeit und für sich selbst zu erzielen.

 

Dabei wendet der Mensch Techniken an, welche über Jahrtausenden die gleichen geblieben sind, aber auch stetig weiterentwickelt werden. Techniken, die so weit ausgereift und verbessert sind, dass es den Menschen schon fast gar nicht mehr benötigt, um einen besseren Ertrag zu erzielen. Doch fiel einem selbst immer wieder bei der Behandlung des Themas in dieser Richtung auf, dass man sich auf eine Einbahnstraße begibt und an ihrem Ende nichts Gutes zu erwarten wäre. Die stetige Entwicklung und der Hunger nach mehr, zehrt nicht nur an Mensch und Maschinen, sondern viel mehr an der Natur, die man zu verbessern versucht. Glyphosat, Nitrat, Monokulturen, Übermäßiger Verbrauch von Grundwasser waren dann doch nicht die Themen, die man innerhalb seines Kunstunterrichtes thematisieren wollte, auch wenn diese nicht nur laut NABU stärker thematisiert werden müssten. 7

 

So kam der Gedanke auf, ob es nicht möglich wäre die Amelioration umzudenken und das von dem und für den Menschen Geschaffene durch die Natur verbessern zu lassen. Dabei die Chance thematisieren zu können, besser mit der Natur, als gegen die Natur zu arbeiten und durch einen ästhetischen Selbstbildungsprozess individuelle Antworten auf das Wirken zwischen Mensch und Natur finden zu können.

 

Um diesen Gedanken besser greifen und visualisieren zu können wurde digital, wie analog nach Abbildungen gesucht, die ganz offensichtlich eine Verbesserung der Gegebenheiten für den Menschen durch die Natur aufzeigen. Dabei sind gleich eine Vielzahl von Bildern zusammengekommen. Ein Beispiel zeigt von Menschen gefertigte Waffen, die durch das umfassende Wachstum von Pflanzen unbrauchbar gemacht wurden. Durch den ganz natürlichen Prozess des Pflanzenwachstums, so beispielsweise eines Baumes, ist ein von Menschen geschaffener Gegenstand um anderen Schaden zuzuführen, vernichtet oder besser gesagt durch die Natur „verbessert“ wurden. Nicht nur, dass die Natur dadurch das Umfeld des Menschen verbessert, sie zeigt den Menschen auch die Nutzlosigkeit dieses von ihm geschaffenen Gegenstandes auf und dient gleichzeitig als lebendes Mahnmal.

6 Vgl. Charbonneau, Ninja (2021), Hungersnot, Ernährungskrise, Mangelernährung – Was ist das?, In: Unicef.de, URL: https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/blog/hungersnot-ernaehrungskrisemangelernaehrung-was-ist-das/135664, zuletzt aufgerufen am 3.10.2021

 

7 Vgl. Umwelt & Ressourcen, Pestizide, In: NABU.de, URL: https://www.nabu.de/umwelt-undressourcen/pestizide/glyphosat.html, zuletzt aufgerufen am 3.10.2021

Abbildung 5. Tree consuming a gun from WW2, In: reddit.com, URL: https://www.reddit.com/r/NatureIsLit/comments/8h1jc3/this_tree_consuming_a_ gun_from_ww2/, zuletzt aufgerufen am 03.10.2021

Da aber nicht ausschließlich Waffen von der Natur „erobert“ werden und ganz alltägliche Dinge durch sie einverleibt werden, zeigt sie uns gleichzeitig unseren Umgang mit ihr auf. So sind Gerätschaften, die eigentlich vom Menschen zur Verbesserung der Natur geschaffen wurden, der Vergessenheit überlassen und durch natürliche Prozesse wieder sichtbar gemacht worden.

Abbildung 6. Das Baumwunder bei Alsleben, In: Mainpost.de, URL: https://www.mainpost.de/regional/rhoengrabfeld/das-baumwunder-bei-alslebenart-5157961

Da dieses Bild stark an ein Kreuz erinnert, ist in diesem Moment auch eine theologische Sichtweise hinzugekommen, da sie an den Schöpfungsauftrag von Gott an den Menschen erinnerte. Dabei sollte der Mensch fruchtbar sein, sich die Welt Untertan machen und über sie herrschen. (1.Mose 1,28) Dabei darf theologisch, moralisch, wie ethisch die Herrschaft nicht fehl verstanden und vom Menschen missbraucht werden. Vielmehr ist sie als die Übertragung von Verantwortung für die Schöpfung durch Gott an die Menschen zu verstehen. 8

 

Es bestand also ab diesem Moment auch der Wunsch einen Bezug zum eigenen theologischen Studium herzustellen. Das angesetzte Kunstprojekt sollte ein „füreinander Sein und füreinander Werden“ zwischen Mensch und Natur thematisieren. Stand ab jetzt fest, was man mit den SuS thematisieren wollte, war doch noch gänzlich unklar, wie man diese Inhalte fachdidaktisch und methodisch korrekt verarbeitet. So wurde in erster Linie und im Sinne der beschriebenen Vorarbeit ein ganz eigenes, persönliches Projekt ausgeführt, um mögliche Schnittstellen für den durchzuführenden Kunstunterricht feststellen und ausbauen zu können.

 

So wurde der eigene Gemüsegarten zur universitären Experimentierfläche und ein Versuch angestrebt eine von Menschenhand angefertigte Konstruktion durch das Wirken der Natur verbessern und aufwerten zu lassen. Es wurde folglich im Sinne der ästhetischen Operation nach Künstlern und Kunststrategien gesucht, die Installationen, Skulpturen und Plastiken in der Natur auf – und ausstellen und im besten Falle der Natur überlassen. An diesen „Vorbildern“ sollte sich bedient werden, sodass ein eigener ästhetischer Prozess ausgelöst werden konnte, dessen Ausrichtung und Strategie zu diesem Zeitpunkt noch vollkommen unbestimmt war.

Um in eine eigene vertiefende ästhetische Operation zu gelangen, sind in erster Linie Künstler der Pop Art Bewegung in die Hände gefallen. So sind beispielsweise Arbeiten der japanischen Künstlerin Yayoi Kusamas aufgefallen. Unter anderem eine überdimensionale Kürbis-Skulptur, die der Witterung unmittelbar auf einem Pier am Meer ausgesetzt war. Spannenderweise ist diese Arbeit während des eigenen Projektbandes wieder in den Medien in den Vordergrund gerückt worden, da gerade diese in der Natur ausgestellten Skulptur durch das Einwirken eines Taifun (durch die Natur) in den Ozean gespült wurde. 9

 

Zudem die von Claes Oldenburg angefertigte Skulptur „Spoonbridge and Cherry“, welche durch ihre schiere Größe ihrem Ausstellungsort, der Natur, ausgesetzt ist. 10

 

Dabei ging es einem nicht um die vom Künstler erzielte Aussage der jeweiligen Werke, sondern vielmehr um die banale Tatsache, dass die Kunstwerke in der Natur und somit Teil der Natur sind. Es ging also um die ästhetische Besonderheit, das Zusammenspiel zwischen Mensch und Natur in einer Vermittlungssituation verdeutlichen zu können und dazu die handwerklichen Fähigkeiten, sowie die dazu benötigten ästhetischen Materialien durch das Medium Natur den SuS nahezubringen. 11

Es wurde sich folglich auf von Menschen geschaffene Alltagsgegenstände konzentriert, die jeder und somit auch die SuS besitzen und welche in einem anderen Kontext in der Natur verwendet werden konnten. Dabei musste gewährleistet sein, dass diese Alltagsgegenstände nicht unmittelbar nach der Installation durch die Witterung zerstört werden. Daher wurde die Materialwahl, nicht zuletzt durch die eigene berufliche Prägung, auf Metall ausgerichtet.

 

Der entscheidende Moment war der Entschluss Metallbetten zu verwenden, welche in ihrer Funktion so weit umfunktioniert werden, dass sich die Natur diese einverleiben kann. Dabei sollte die aus den Betten gefertigte Konstruktion aus Menschenhand, aber eine eigentliche Aufwertung, eine Verbesserung durch die Natur erfahren.

 

So wurde kurzerhand durch diverse Kleinanzeigen der gesamte Landkreis nach alten Metallbetten abgesucht und abgefahren, um genügend Material für ein eigenes Kunstprojekt, entstanden aus dem vorgegebenen Begriff, umzusetzen. Wie auf den Abbildungen  zu entnehmen ist, wurden die Metallbetten als Hochbeete umfunktioniert und weitere vier Betten zu einem Gewächstunnel zusammengeschweißt. Dieser „Tunnel“ sollte durch die angrenzenden Pflanzen „erobert“ werden und somit eine Einheit mit seinem Ausstellungsort bilden. Zudem wurde diese Konstruktion nicht im Erdreich fixiert, sodass das Fundament ausschließlich ein lebendiges, wachsendes Wurzelwerk ist und somit durch natürliche Prozesse eine von Menschenhand angefertigte Konstruktion verbessert und aufgewertet wird. So ist eine Arbeit entstanden, die weder von Mensch noch von Natur abgeschlossen ist und durch ein „füreinander Sein und füreinander Werden“ auch in Zukunft bestehen bleibt.

8 Vgl. Maset, Pierangelo (2000) Ästhetische Operationen in der kunstpädagogischen Praxis, In: Tatort Kunsterziehung, Thesis, Heft 2/2000, Bauhaus-Universität Weimar, 2000, Seite 85

 

9 Vgl. Kürbis-Skulptur bei Unwettern in Japan ins Meer gespült, In; Spiegel.de, URL:https://www.spiegel .de /kultur/yayoi-kusama-kuerbis-skulptur-bei-unwettern-in-japan-ins-meer-gespuelt-a-c0037cc42b 25-4474-98cf-bac302cdc32d, zuletzt aufgerufen am 03.10.2021

 

10 Vgl. Oldenburg, Claes (1985-1988) , Spoonbridge and Cherry, In: walkerart.org, URL: https://walkerart.org/collections /artworks/spoonbridge-and-cherry, zuletzt aufgerufen am 03.10.2021

 

11 Vgl. Maset, Pierangelo (2000) Ästhetische Operationen in der kunstpädagogischen Praxis, In: Tatort Kunsterziehung, Thesis, Heft 2/2000, Bauhaus-Universität Weimar, 2000, Seite 87

Abbildung 7. Bildmaterial aus eigener Anfertigung

Durch das Überlassen der angefertigten Elemente an die Natur, weist die Arbeit somit aber auch im Detail und im Laufe der Zeit nach Gottfried Böhm eine entstehende Unbestimmtheit auf, welche individuell von dem jeweiligen Rezipienten unterschiedlich erfasst und gedeutet werden kann. 12

 

Die Beziehung zwischen den Rezipienten und der geschaffenen Arbeit wird nach Wolfgang Kemps rezeptionsästhetischen „Impliziten Betrachter“ damit aufgebaut, dass die angefertigten Elemente nicht nur betrachtet werden können. 13

 

Vielmehr können sie beschritten, berührt, gefühlt, gar gerochen werden. Es kann in jedem und wahrsten Sinne erkundet werden. Dabei ist die im eigenen Gemüsegarten entstandene Arbeit nicht nur aus klassischen Materialien angefertigt, wie sie für Rauminstallationen üblich wären. Vielmehr ist durch den direkten und anhaltenden Einfluss durch die Natur die primäre Materialwahl die lebendige Pflanze selbst, welche Wärme, Kraft und Energie speichert.

12 Vgl. Böhm, Gottfried (2006): Unbestimmtheit. Zur Logik des Bildes. In: Leuphana Universität Lüneburg (Hrsg.), Bildbewusstsein. Texte und Materialien. Unter Mitarbeit von Prof. Dr. Pierangelo Maset und Dr. Timon Lucius Kuff, S.117-122

 

13 Vgl. Kemp, Wolfgang (1986): Kunstwerk und Betrachter: Der rezeptionsästhetische Ansatz. In: Hans Belting, Heinrich Dilly, Wolfgang Kemp, Willibald Sauerländer und Martin Warnke (Hrsg.): Kunstgeschichte. Eine Einführung. Berlin: Dietrich Reimer Verlag, S. 203–221.

Abbildung 8. Bildmaterial aus eigener Anfertigung

III. Abschließende Arbeiten und vorläufiges Fazit

 

Während der Ausführung des persönlichen Projektes kamen aber auch Ideen zur Projektumsetzung mit den eigenen SuS auf, welche häufig im Homeschooling betreut werden mussten. Diese „Roadmap“ der Unterrichtsideen ist dieser Abbildung zu entnehmen und mehr als ein Rhizom, als ein Ideengeflecht, zu verstehen, als es bei einer Musterplanung mit einem klassischen Anfang und einem Ende der Fall sein würde. An jeder Stelle waren somit Knotenpunkte zu vernehmen, welche weiter verfolgt und ausgebaut werden konnten.

Abbildung 9. Bildmaterial aus eigener Anfertigung

Doch durch die häufig auftretende Onlinebetreuung wurde dann der heimische Arbeitsplatz als Setting in den Mittelpunkt gerückt. Leider bot sich auch erst innerhalb der letzten beiden Kunstsitzungen die Möglichkeit unmittelbar das beschriebene Feld mit den SuS zu thematisieren, weshalb dieser Bereich in dieser schriftlichen Ausarbeitung eher dürftig ausfällt. Die SuS sollten dennoch ihren Arbeitsplatz hinaus in die Natur transformieren und somit ihre Arbeitsbedingungen, welchen sie im Homeschooling ausgesetzt waren, verbessern (Ursprung: Amelioration).

 

Dabei sollten sie den von ihnen veränderten Raum in einem festgelegten Zeitfenster in der Natur fotografisch festhalten, dokumentieren und unter Berücksichtigung der Gestaltungsbereiche des Kerncurriculums des Faches Kunst wie die digitalen Medien, Grafiken, Plastiken und Installationen im Raum berücksichtigen. 14

Abbildung 10. - 11. Bildmaterial aus eigener Anfertigung / GHR 300

Den Abbildungen ist dabei zu entnehmen, dass nur ein geringer Teil der SuS an diesem Arbeitsauftrag teilgenommen hatte. Ein darauffolgendes Klassengespräch ergab, dass es den SuS gegenüber ihrer Familien und Nachbarn peinlich gewesen wäre, diesen Arbeitsauftrag wie gefordert auszuführen. Wiederum andere SuS hatten einfach keine Lust und andere den Sinn der Aufgabenstellung nicht verstanden. Erst nachdem ausgiebig die Entstehung und die Entwicklung dieses kleinen Projektes besprochen wurde, wollten viele das Projekt noch einmal ausführen, wofür uns dann jedoch leider die Zeit fehlte, da das Langzeitpraktikum zum Ende gekommen war.

 

Dennoch zeigte die bis zu diesem Punkt des Projektbandes entstandenen Arbeiten, dass man sich unmittelbar und beinahe automatisch an das Arbeiten begibt, sobald man einen persönlichen Bezug und eine eigene Relevanz zu einem Thema identifiziert. So ließ sich die eigene Person und das eigene Umfeld durch einen einfachen äußeren Impuls (Amelioration) nachweislich dauerhaft beeinflussen. Zudem ist die eigene Motivation am eigenen Projekt(band) weiterzuarbeiten ungebrochen.

Abbildung 12 - 13. Bildmaterial aus eigener Anfertigung

Zur Erhaltung der gesetzten und unverzichtbaren Bepflanzung am eigenen (Kunst)Werk und zur Bekämpfung eines Schädlingsbefalles war man schließlich auch bereit Laufenten zu halten, wie den Abbildungen zu entnehmen ist. Somit wird das Projekt im wahrsten und natürlichsten Sinne durch eine inszenierte Amelioration nicht zuletzt durch Laufenten (durch die Natur) am Leben erhalten.

 

So ist auch im Sinne der ästhetischen Operation innerhalb der Vermittlungssituation eines banalen Begriffes und ihrer ästhetischen Besonderheit eine Entfaltung von diversen Möglichkeiten aufgetreten, die der ästhetischen Operation „Amelioration – Verbesserung“ dankend und im positiven Sinne zuzuschreiben ist. 15

14 Vgl. Niedersächsischen Kultusministerium, Kerncurriculum für die Oberschule Schuljahrgänge 5 – 10, Kunst, 2020 , Seite 10-11

 

15 Vgl. Maset, Pierangelo (2000) Ästhetische Operationen in der kunstpädagogischen Praxis, In: Tatort Kunsterziehung, Thesis, Heft 2/2000, Bauhaus-Universität Weimar, 2000, Seite 87

Abbildung 14. Bildmaterial aus eigener Anfertigung